Expedition ins Ungewisse

Welche neue Medienwelt entdecken Verlage, Web und Social Media?

News aktuell, ein Tochterunternehmen der Nachrichtenagentur dpa, hat geladen und rund 350 Medienleute kamen am 21. Juni 2011 nach Frankfurt in die Deutsche Nationalbibliothek. Die Veranstaltung war als “Expedition ins Ungewisse” überschrieben und dies kann auch als Fazit der aktuellen Diskussion gelten. Prominente wie die Chefredakteure von ZDF, “Wirtschaftswoche” und der “Frankfurter Neue Presse”  sowie Prof. Dr. Thomas Leif, Vorsitzender des Netzwerks Recherche, diskutierten und stritten sich manchmal auch auf dem Podium. Einig waren sie sich, dass das Internet und das veränderte Nutzungsverhalten die Medienwelt radikal verändern. Der ökonomische Druck in den Verlagen wird immer höher.

Bei mir als Zuhörer haben sich folgende Eindrücke verstärkt:

1. Alle – ob Publikums- oder Fachverlag, Fernsehsender oder Nachrichtenagentur – rudern wilder geworden in der aufgewühlten See zwischen Facebook, Twitter, Qualitätsjournalismus, TV, Radio, Print und Internet – die einen etwas orientierungsloser als die anderen. In einem Akt der Hoffnungslosigkeit versuchen Verleger durch Klagen die “Tagesschau”-App zu verbieten. Verleger, hört die Signale des Volks.

2. Die neuen Kanäle wie iPad oder Twitter werden als Chance und Herausforderung zugleich gesehen. Doch die klassischen journalistischen Tugenden, die handwerklichen Fähigkeiten, die kritische Beurteilung durch Journalisten bleiben weiterhin die Basis für wertvollen Content. Journalisten sollen vor allem Orientierung bieten. Qualität ist nötiger denn je. Wird sie auch angemessen bezahlt? Vom Leser? Vom Anzeigenkunden? Vom Verlag?

3. Selbstkritisch wird anerkannt: Der Hype und Erfolg von Facebook ist ein deutliches Signal, dass die Leser- und Nutzungsinteressen, insbesondere der Jüngeren, von den traditionellen Medien nicht ausreichend berücksichtigt werden. Diese müssen sich weiter verändern und noch stärker das immer individualisiertere Nutzerinteresse auffangen.

4. Der Leserkontakt und Rückkanäle etwa wie bei Twitter können hilfreich sein, um diese Interessen besser ermitteln zu können. Allerdings sollte der Erkenntniswert kritisch hinterfragt werden. Nicht jeder Bauch eines Nutzers ist relevant, aber vielleicht interessant.

5. Erwartet wird eine weitere Spaltung zwischen den durch Medien gut Informierten und den Unterhaltungssuchenden, die tendenziell immer schlechter informiert sind.

6. Weiterhin schwierig ist es, mit Medieninhalten im Internet Geld zu verdienen. Doch das ist auch eine Schuld der Verleger, die den Nutzern die Kostenlos-Kultur erst richtig beigebracht haben. Wenn der Springer Verlag im Internet gute Gewinne erzielt, dann weniger durch journalistische Inhalte sondern durch eBusiness. Diese Geschäfte wurden bis vor wenigen Jahren als noch völlig verlagsfremd angesehen. Wenn es jedoch der Finanzierung von Inhalten und den dafür erforderlichen Journalisten dient, dann sind auch solche Erlösmodelle schlichtweg ein pragmatischer Weg.

7. Journalisten werden selbst immer mehr zur Marke und stehen für eine bestimmte Kompetenz.

Mehr Infos dazu finden Sie im Video zur Veranstaltung auf  www.udoreuss.de

Autor: Udo Reuß, 22.6.2011

Podiumsdiskussion \”Expedition ins Ungewisse\”, Frankfurt, 21.6.2011